Nach der virtuellen Führung durch den Gedenkkomplex „Babyn Jar“ diskutierten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer über die Möglichkeit, wie man die Informationen aus der Führung im Deutsch-als-Fremdsprache-Unterricht nutzen kann. Es wurde darauf hingewiesen, dass zu überlegen sei, ob man Altersbeschränkungen für die Behandlung solcher Gedenkorte benötigt, da zartbesaitete Personen durch die Informationen überfordert sein können. Weiter wurde gesagt, dass so ein Gedenkortbesuch verschiedene Ebenen hat. Zum einen eine historische Dimension, aber auch eine sprachliche (Wortschatz). Beim Wortschatz wurde auch das Sprachniveau diskutiert, um einen solchen Gedenkort zu besuchen. Ein Vorschlag war dann, im Unterricht eine Art „Flyer“ für den Gedenkort zu entwerfen, bei dem in Gruppenarbeit die einzelnen Denkmäler beschrieben werden. Außerdem könnten verschiedene Aufgaben für den Unterricht auf Basis des Materials ausgearbeitet werden.
Es wurde die Wichtigkeit eines fächerübergreifenden Ansatzes hervorgehoben, bei dem DaF-Lehrende und Historiker zusammenwirken. DaF-Lehrende scheuen sich oftmals, historische Themen zu behandeln, weil ihnen das notwendige Faktenwissen fehle. Umgekehrt sehen viele Historiker nicht mehr den Unterschied ihres Fachwortschatzes (Beispiel: Mahnmal und Denkmal). Daher ist es nicht nur Wortschatzarbeit, sondern Konzeptarbeit. Deshalb können Linguisten, Didaktiker, Historiker im interdisziplinären Austausch etwas zur Unterrichtsgestaltung beitragen.
Außerdem wurde vorgeschlagen, Erinnerungsorte als Projektarbeit zu machen und sich nicht zu sehr auf Erinnerungsorte zu versteifen. In diesem Zusammenhang wurden „Sprach-Tandems“ genannt, bei denen ein deutscher Muttersprachler einerseits zwar über den Wortschatz verfügt, aber nicht unbedingt über das Wissen zur ukrainischen Geschichte, bei der ein Ukrainer helfen kann. In solchen Teams können die jeweiligen Missstände ausgeglichen werden. Hierzu fiel das Stichwort „interkulturelles Lernen“.
Im Gespräch kam hervor, dass durch die Behandlung solch komplexer, teils sehr emotionaler Themen, ein weiterer Unterricht schwer werden könnte. Wie soll weiter Grammatik erklärt werden, wenn es um tausendfachen Mord geht? Oder Phonetik am Beispiel des Wortes „Holocaust“?
Eine weitere Idee war, Literatur oder Spielfilme mit den Gedenkorten im DaF-Unterricht zu verwenden, um diese den DaF-Schülern zu vermitteln. Wichtig wäre dabei, bei der Vermittlung von Geschichte auf ein reines Opfer-Täter-Verhältnis zu verzichten und stärker einen transkulturellen Ansatz zu verfolgen.
In Verlauf wurde auch der Ansatz eingebracht, in einem DaF-Projekt gemeinsam Gedenkorte zu besuchen und nach einem gewissen Abstand Essays schreiben zu lassen, in denen sich die Studierenden in die damalige Zeit hineinversetzen und aus dieser Perspektive etwas schreiben.
Außerdem wurde berichtet, dass Gedenkorte heute in Deutschland verstärkt zu Begegnungsorten werden, wo sich Jugendliche aus ganz Europa treffen und austauschen. Dabei wurde die Erfahrung gemacht, dass trilaterale oder multilaterale, statt nur bilaterale Gruppen zu einem besseren gegenseitigen Verständnis führen.
Im Gespräch wurde darauf hingewiesen, dass die meisten Erinnerungsorte, vor allem diese in diesem Projekt, an negative, konfrontative Geschichte mit ihren Schrecken verweisen. Deshalb sollte man im DaF-Unterricht darauf achten, dass Geschichte nicht immer negativ ist und auch Positives hervorheben. Das kann zum Beispiel beginnend mit dem Mittelalter über Handelsbeziehungen oder Migrationsströme der Völker gezeigt werden. In der Ukraine ist das Magdeburger Recht sehr präsent, wofür es ebenfalls ein Denkmal gibt.
Am Beispiel der mit Puppen verbundenen Geschichten bei der Führung durch Babyn Jar entstand die Idee, den Themenkomplex „Puppen“ im DaF-Unterricht zu bearbeiten. Oder auch Literatur, die an solchen Orten entstand, kann verwendet werden. Gleichfalls könnten die Berufe der Opfer im DaF-Unterricht thematisiert werden und der zugehörige Wortschatz. Auch Interviews mit Zeitzeugen oder deren Nachfahren war ein Ansatz im Nachgespräch.
Vergleiche von Denkmälern in unterschiedlichen Ländern könnten ebenfalls im DaF-Unterricht verwendet werden, indem die Denkmäler beschrieben werden. Auf diesen Ansatz kam der Vorschlag, Denkmäler nicht nur zu deskriptiv zu beschreiben, sondern auch darauf einzugehen, was ein Denkmal für einen persönlich bedeutet oder welche Emotionen damit ausgelöst werden.
Letztlich sollten Aufgaben und Herangehensweise an Gedenkorte mit ihren Denkmälern für die Niveaus der Zielgruppe entwickelt werden. Dies kann eher von Pädagogen beantwortet werden, während Didaktiker sich mehr an der Zielerreichung orientieren (sprachliches Handeln, kulturelles Wissen oder interkulturelle Kompetenz usw.). Es kommt darauf an, was erreicht werden soll, wie zum Beispiel Empathie zeigen oder Interessen formulieren.
Es gab einige Anregungen für die DaF-Unterrichtsgestaltung, die hier wiedergegeben sind.