Am 19. November 2020 hatten wir im Rahmen des Projektes „Gemeinsam(e) Geschichte erinnern. Deutsch-ukrainische Erinnerungsorte im Dialog“ einen langen „Deutschland-Tag“. Das heißt, wir besichtigten und diskutierten in vier Webinar-Blöcken Gedenkorte, die für die deutsche Erinnerungskultur wichtig sind. Das Besondere lag darin, dass wir virtuelle Führungen erlebten. Diese waren sehr interessant, inhaltsreicht und eindrucksvoll. Dank unseren deutschen Kollegen und Kolleginnen hatten wir das Gefühl, als hätten wir wirklich die Stadt Berlin besucht und wären durch das ehemalige Stasigelände spaziert oder in Museen gewesen. So sahen Reste der Berliner Mauer und hörten Geschichten von Zeugen dieser historischen Ereignisse.
Unsere virtuelle Reise begann mit einer Führung durch das Stasigelände in Berlin-Lichtenberg. Dank Herrn Booß und seiner klugen Drone, die durch über das Gelände flog und uns alles zeigte, erfuhren wir viele Fakten aus der Geschichte des DDR-Geheimdienstes, der hier seinen Sitz hatte und im Laufe vieler Jahre als Zentrum von Repressionen gegen die damalige DDR-Bevölkerung bekannt war. Alles sah so massiv aus: graue, vielstöckige Gebäude, ein großer asphaltierter Innenhof, teils als Parkplatz genutzt und einige leerstehende Plattenbauten. Herr Booß zeigte viele Fotos, die von dem dunklen Kapitel dieser Institution zeugen.
Auf dem Stasigelände besuchten wir auch virtuell das Stasi-Museum. Jörg Drieselmamm machte für uns eine interessante und sehr ausführliche Besichtigung. Herr Booß stellte ihn als „wichtigste Person auf dem Gelände“ vor, die aktiv gegen die DDR- Diktatur kämpfte und 1990 selbst Zeuge der Stasi-Auflösung war.
Besonders wichtig bei der didaktischen Bearbeitung des authentischen Materials war die Geschichte der Berliner Mauer mit ihren historischen Orten. Dies in Gestalt des Gedenkstättenareals an der Bernauer Straße mit der Kapelle zur Versöhnung, die an die Todesopfer an der Berliner Mauer erinnert, sowie ein Dokumentationszentrum. Darüber berichteten uns Frau Kürten und Frau Wienand anhand vieler Fotos ausführlich. Auf den Bildern sahen wir Betonbefestigungen, Gräben, Laufanlagen für abgerichtete Wachhunde, bewaffnete Grenzpolizisten oder Wachtürme, die die Staatsgrenze fast unüberwindlich machten. Trotzdem versuchten viele Menschen die Grenze zu überwinden. Mindestens 235 Menschen kamen beim Versuch, in den Westen zu gelangen, ums Leben. Viele Fotos zeugen auch vom Fall der Berliner Mauer.
Diese Gedenkstätte ist für die deutsche Erinnerungskultur sehr wichtig, weil die Berliner Mauer ein zentrale Erinnerungsort an die deutsche Teilung ist. Das Mauer-Museum widmet sich der Dokumentation eines wichtigen Teils der Berliner Geschichte – vom Bau bis zum Fall der Mauer.
Abschließend führte uns Dr. Jörg Morré, der Direktor des Deutsch-Russischen Museums Karlshorst. in sein Reich. Dort wurde am 9. Mai 1945 die Urkunde über die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht unterschrieben. Die Sowjetunion richtete dieses Museum 1967 als Erinnerung an diesen historischen Akt ein. Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wurde ein Freundschaftsvertrag zwischen den Sowjetstreitkräften auf dem Gebiet der damaligen DDR geschlossen, in dem festgelegt war, dass die Bundesrepublik und die UdSSR an dem historischen Ort weiterhin gemeinsam an das Ende der Nazi-Herrschaft erinnern. 1995 wurde das Museum wiedereröffnet. Das Museum wird von einem Verein getragen, dessen Vorsitz der Generaldirektor des Deutschen Historischen Museums und der Direktor des Zentralen Streitkräftemuseums in Moskau hat. Außerdem sind das belarussische Museum des Großen Vaterländischen Kriegs (Minsk) und das ukrainische Museum der Geschichte der Ukraine im Zweiten Weltkrieg (Kiew) Mitglieder. So bildet das Museum Karlshorst einen gemeinsamen Erinnerungsort an das Ende des Zweiten Weltkriegs.